Teil 1-Ferien - ein tolles Erlebnis mit wenig Geld!

Mit dem Fahrrad vom Bodensee nach Zug – wieso eigentlich nicht?

Viel Chaos im Gepäck

Woher die Idee kam, mir drei bis vier Tage lang den Allerwertesten wund zu scheuern, weiss ich nicht genau. Ich sass in meiner typischen Position – im Stuhl weit zurückgelehnt, die Beine überschlagen – am Schreibtisch und fragte mich, was ich mit den zwei Wochen Ferien anstellen könnte.

Portemonnaie und Moral

Zwei entscheidende Faktoren trugen wohl schliesslich zu meiner Entscheidung bei. Erstens: Mein Portemonnaie lässt momentan nicht viel mehr zu, als einen Besuch im Strandbad. Zweitens: Ein Billigflug für einige Tage Ferien im Ausland widerspricht meinem Moralkodex. Es musste also etwas Günstiges sein, das trotzdem Spass macht und ein Abenteuer garantiert. «Kris, mach doch einfach eine Velotour!», meinte mein Hirn. Rumms. Alles klar, dann also eine Velotour.

Grosse und noch grössere Hürden

Nun, für eine organisatorische Komplettbanause wie mich wirft die Planung einer solchen Tour einige Fragen auf: Wo soll es hingehen? Ist das in der Schweiz? Wo genau liegt der Bodensee? Was mache ich hier eigentlich? – Nebst einem Talent zur Nichtorganisation werden mich nämlich zwei weitere Probleme mangelnder Synapsenaktivität vor grosse Hürden stellen: meine wirklich schlechten Geografiekenntnisse und meine noch viel schlechtere Orientierung. Deshalb ein kleiner Hinweis: Wenn Sie diese Rubrik nicht mehr zu lesen bekommen, bevor ich von meiner Rückkehr nach Zug berichtet habe, bin ich entweder von einem Wildschwein verspeist worden, oder habe mich in der Schweizer Wildnis verlaufen. Eine Suche wäre zwecklos.

Von Wabbelbeinen und Zahnstocherarmen

Mehr schlecht als recht quälte ich mich am Starttag, aus meinem warmen Nestchen und schlurfte mit verquollenen Augen in der Wohnung umher, um meine restlichen Utensilien zusammenzupacken. Dies nicht mangels Motivation, denn ich freute mich sehr auf das bevorstehende Abenteuer, aber ein Morgenmensch bin ich nun wirklich nicht.

Noch etwas bleiben

In Rohrschach angekommen war es beinahe schade, den schönen Hafen bereits zu verlassen. In seiner ganzen Pracht erstreckte sich der Bodensee bis hin zum Horizont und hätte mich fast dazu verleitet, noch vor dem ersten gefahrenen Meter das Rad hinzustellen und den Ausblick bis in den Nachmittag hinein zu geniessen. Aber ich besann mich gerade noch rechtzeitig. Schliesslich wollte ich heute die ersten zwei Etappen schaffen.

Schöne Schweiz

Von Rohrschach über Altstätten SG bis Herisau SG führte mich der erste Tag. Sechs bis sieben Stunden Fahrt hatten meine Beine in wabbelige Insektenbeinchen verwandelt, mein Steissbein fühlte sich an, als hätte sich die Dame aus den Zweifel-Chips-Werbungen darauf ausgetobt und meine Arme hatten die Konsistenz von Mozarellasticks. Aber ich war glücklich. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir schliesslich, dass ich noch weitere 50 Minuten zu fahren hatte, um den nächsten Campingplatz zu erreichen. Doch wenn man bereits so viele Stunden gefahren war, fühlten sich 50 Minuten an, wie ein läppischer Katzensprung.

Regen, Regen, Regen

Ohne zu übertreiben: Zehn Sekunden, nachdem ich mein Zelt fertig aufgebaut hatte, spürte ich den ersten Tropfen. Wie ein tennisballgrosses Ungetüm platschte er auf meinen Scheitel und gab mir einen Vorgeschmack auf die kommenden 24 Stunden. Doch selbst der Regen konnte mir an diesem Abend nichts anhaben. Mit 92 Kilometern in den Beinen schlief ich binnen kürzester Zeit ein und wappnete mich für den nächsten Tag.